SAALBAU

Mannheim (Baden-Württemberg), N 7

eröffnet: 1911
geschlossen: 1917
Sitzplätze: 1800
Architekt:  
Betreiber: Theodor Bläser                                              1911
AG für Kinematographie und Filmverleih        -31.03.2016           Kinoname: Saalbau Kino-Theater
Leonhard Würthele                                        01.04.1916-           neuer Kinoname: Saalbau-Lichtspiele  L1615

Erbaut wurde der Saalbau 1873-75 für Zirkusvorstellungen und wurde 1880 zum Konzerthaus umgebaut, ab 1895 als Varieté. Nach seinem Umbau zum Kino (um 1910) diente er auch weiterin anderen Veranstaltungen. Leiter des Unternehmens war der Wormser Kinomann Theodor Bläser, der in den Jahren zuvor schon mit seinen Kinematograph - Zelten in der Stadt vertreten war.

Anfang 1911 nannte sich das Kino noch "Central Kinematograph im Saalbau-Theater", ab der zweiten Jahrehälfte nach kleineren Umbauten "Moderne Lichtspiele i Saalbau-Theater". 1913 kam es in Mannheim zu heftigen Konkurrenzkämpfen, in denen Mannheimer Kinobetreiber in der Fachpresse gegen den "Saalbau"-Geschäftsführer mit folgenden Brief in Stellung gingen:

"Das Saalbau-Theater ist ein altes Variété und besitzt ein Fassungsvermögen von 1800 Plätzen. Infolge seines großen Fassungsvermögens hat das Theater gleich bei seiner vor ca. 4 Jahren erfolgten Gründung als Kino die Eintrittspreise niedriger gesetzt als die in Betracht kommenden Konkurrenztheater, um durch billigere Eintrittspreise von vornherein das Publikum an sich zu ziehen. Gegen dieses Geschäftsgebaren wäre an und für sich nichts einzuwenden, da die Preise immer noch im Rahmen einer anständigen Konkurrenz gehalten sind. Die Eintrittspreise sind folgende: Gallerie 20 Pfennige, 2. Platz 35, 1. Platz 55, Balkon-Fauteuil 70 Pfennig und Loge 1 Mark. Trotzdem die Preise gegenüber denjenigen in betracht kommenden Konkurrenztheater um ca. 10-40% billiger sind, zeigt das Saalbau-Theater mitunter ein gewaltiges Programm, das sehr oft die stattliche Zeit von 4-5 Stunden in Anspruch nimmt. Auch dagegen hatten die Unterzeichneten bis dahin nichts einzuwenden, denn jeder Kinogeschäftsführer muß in dieser Hinsicht am besten wissen, was für sein Theater vorteilhaft ist. Allein in letzter Zeit, seit in das Saalbau-Theater ein neuer Geschäftsführer namens Schill eingezogen ist, der schon bei seinem Eintritt äußerte:´Den hießigen Geschäftsführern will ich mal zeigen, wie man ein Theater führt´, weht ein anderer Wind. Die ganze Kunst des Herrn Schill scheint jedoch einzig und allein in einer großen Preisdrückerei zu bestehen, was der Grund ist, weshalb wir die Fachpresse um Schutz anrufen.  Im Lauf vergangener Woche wurden nämlich durch Zettelverteiler in allen Straßen der Stadt an jede x-beliebige Person Tausende von Familien-Ehrenkarten verteilt, welches Gebahren die höchste Potenz von Preisdrückerei bedeutet. Die Eintrittspreise des Saalbaus reduzieren sich infolge dieser Einführung um genau 50%. Ausser diesen Ehrenkarten sind noch eine Unmenge Vorzugskarten in Umlauf, die ebenfalls eine Preisermäßigung von 5 bzw. 10 Pfennigen bedeuten. Sind diese Vorzugskarten auf der Rückseite mit dem Stempel des Theaters versehen, so gelten sie als Freikarten und berechtigen zum vollständigen freien Eintritt. Und diese Preisdrückerei zu einer Zeit, in der man Geschäfte machen soll, die als `Saison` bezeichnet wird...

...Der Schaden hat sich in den letzten Tagen schon deutlich genug bemerkbar gemacht. Außerdem hat dieses entwürdigende Gebahren noch den Nachteil, daß sich das Publikum sagen muß, daß für eine Kinovorstellung jeder Eintrittspreis zu teuer ist, denn wenn es ein Theater so billig machen kann, warum nicht auch das Andere? Auf diese Weise bekommt die Bemerkung, die vor ca. 5 Jahren schon eine hiesige Zeitung gemacht hat - `Wir sehen die Zeit kommen, in der man eine Kinovorstellung für 10 Pfennig zu sehen bekommt´- bald zu seinem Recht.

Auf welche Art und Weise nunmehr das Ausfallen der Einnahmen wieder hereingebracht werden soll, erhellt sich zur Genüge aus folgenden authentischen Erkundigungen: Dem ersten Operateur wurden monatlich 20 Mark an Lohn gekürzt, Die Kapelle wurde von 7 auf 4 Mann reduziert. Außerdem wurde die Absicht geäußert, jeder Musiker müßte 50 Mark Kaution stellen und für den freien Tag, der in Mannheim die 14 Tage bezirksamtlich eingeführt ist und der sich auf alle Kinoangestellten erstreckt, soll jeder Musiker aus seiner Tasche einen Ersatzmann stellen, so daß der von der Behörde eingeführte freie Tag illusorisch ist.  Als zweiter Operateur hat sich kürzlich aus Speyer ein Schlosser dem Saalbau unter folgenden Bedingungen angeboten: `Er arbeitet ein ganzes Jahr lang nicht nur kostenlos, sondern zahlt jede Woche noch 20 Mark´. Dieses Angebot wurde von der Direktion, nur um billige Arbeitskräfte zu haben, sofort akzeptiert. Der betroffene Schlosser scheint sich die Sache jedoch anders überlegt zu haben, denn er ist nicht eingetroffen. Die früher eingestellten Kontrolleure wurden beim Eintritt des Herrn Schill zum größten Teil entlassen und durch billigere Arbeitskräfte ersetzt. Auf diese Art und Weise soll der Losungs-Ausfall der Billet- Mißwirtschaft ausgeglichen werden. 

Auf welch reeller Basis das Saalbau-Theater jetzt geführt wird, werden Sie aus unseren Ausführungen genügend ersehen können. Es bleibt jetzt nur noch abzuwarten, ob das Saalbau-Theater vollständig freie Tage einführt, um eine anständige Konkurrenz vollends aus dem Felde zu schlagen. Das das Schild des Saalbaus in den Fachzeitungen etwas niedriger gehängt wird, ist Pflicht eines jeden ehrlichdenkenden Kollegen.

Wir begrüßen Sie und zeichnen hochehrungsvoll:

Palast-Lichtspiele (Inhaber: G.W. Fritze)

Projektions - AG Union (Filiale Mannheim)

Der Lichtspielpalast florierte bis 1917. In diesem Jahr wurde im oberen Saal des Hauses, der zuvor als Billard-Saal fungierte, ein kleineres Kino neu eröffnet. Start war am 25. Mai mit dem Film "Die Gefangenen".
Quelle: Mannheimer General-Anzeiger 25.5.1917

Später zerstörte ein Brand das Theater - in diesen Zeiten aufgrund des leicht entflammbaren Filmmaterials keine Seltenheit.  Als Nachfolge baute Herr Bläser die "Schauburg".

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