CAPITOL

Mainz (Rheinland-Pfalz), Neubrunnenstr. 9

eröffnet: 25.12.1933
geschlossen: 25.10.2023
Sitzplätze: 486 (1940) - 330 (2006)
Architekt: Hanns Rüttgers (Umbau 1953)
Betreiber: Otto Meyer                                       1933-1944
A. Kämmer - Le Bret                         mind. 1949-1968
Hubertus Wald                                   1968-mind.1971  E6854
Georg Reiss , Kassel                          mind. 1978-2000
FTB Luber, Ingelheim                        2000-2008
Sack, Seehuber und Zeiler GbR          seit 2009

Der langjährige Betreiber Albert Kämmer-Le Bret begann seine Laufbahn in Berlin, von wo er bald nach Aschaffenburg übersiedelte, um dort ein Fotoatelier zu betreiben. Im Jahr 1910 ging er nach Mainz. Aus dem bemühten Filmproduzenten und Kulturfilmer wurde dort 1933 der Inhaber des “Capitols”. Vor dem Krieg war das Kino an Otto Meyer, welcher den Mainzern als Betreiber des "Thalia" schon bekannt war, verpachtet.
Das Kino präsentierte sich nach Aussen in einer sehr ruhig gehaltenen Fassade, die durch eine Neon-Lichtanlage auch in den Abenstunden weithin sichtbar war. In meterhohen Buchstaben war über die ganze Front des Hauses der Name "Capitol" angebracht. Zwei kleine beleuchtete Schaukästen links und rechtzs neben dem Theatereingang beschlossen die äußere Reklamewirkung.
Eine in Gold ausgeschlagene Kuppelhalle mit seitlicher Kasse führte in den eigentlichen Vorraum, von wo aus zwei Türen direkt in das Theater und eine Treppe zu den Balkon- und Rangplätzen führte. Die Innenausstattung des Theaters war in angenehmen Rot gehalten. Sämtliche Lichtquellen waren dem Auge verdeckt. Eine getrennte Drei-Farben-Beleuchtung vermittelte in warmen Tönen gehaltene Raumausmalung  und verschiedene Reflexe.  Unabhängig von den Außentemperaturen konnte man mittels einer neuartigen Belüftungsanlage "Wetter nach Wunsch" eine ständige Luftauswechslung vornehmen. Im Vorführraum standen zwei neue Ernemann II-Maschinen der Zeiss-Ikon - Werke. Eröffnunsfilm war Murnaus "Sunrise".   E5401
Am 27. Februar 1944 wurde das Haus durch Bomben zerstört.  Nach dem Kriege, der auch in Mainz und seinen Filmtheatern tiefe Wunden schlug, ging Kämmer-Le Bret mit ungebrochenem Optimismus an den Wiederaufbau seines Lebenswerkes. 1952 entstand das Luxor, 1956 das Cinema, deren Geschicke er zusammen mit dem des “Capitols” bis zu seinem Tode leitete. N5817 

Beim Umbau 1953, den Kämmer-Le Bret innerhalb 11 Tagen schaffte, empfing den Besucher ein neugestaltetes Foyer in lichten Farben und mit erleuchteten Vitrinen. Der Zuschauerraum hatte rautenförmig bespannte Wände und formschöne Leuchten. Es wurde eine 10 x 5 m große Silberleinwand zur Anwendung des CinemaScope-Verfahrens eingebaut. Mit einer schwarzen Samtumrahmung konnte man sie Leinwandfläche verkleinern.  W5338 B5333

Das teilweise zerstörte Haus nahm nach dem Krieg relativ rasch den Spielbetrieb wieder auf.

Die Fachzeitschrift "Der Neue Film" berichtet im Rahmen eines Mainzer Kinostreifzuges 1956 über das Programm des "Capitols” und des "Luxor":  "Nur wenige hundert Meter vom Filmpalast fange ich im Capitol eine neue Farbe unserer Lichtspiel-Palette ein. Herr Kämmer-Le Bret schwört auf die magnetischen Kräfte von Cinemascope. Auch er ist optimistisch und hält viel von seiner Kundschaft, die im Capitol gehobene Unterhaltungsfilme und im Luxor Gilde-Programme, jedoch keine ausgesprochenen Studio-Filme zu sehen bekommt. Das Stammpublikum im Luxor bevorzugt Amerikaner, Franzosen und Italiener. Schweden und Engländer hingegen sind weniger gefragt. Bei französischen Produktionen schätzt man Themen mit erotisch pikanter Note, bei Filmen aus den USA Problemfilme. „Jenseits von Eden" beherrschte 14 Tage den Spielplan. Mit Genugtuung stellt Herr Kämmer-Le Bret fest, das das Geschäft sich 1955 trotz der Eröffnung von zwei neuen Häusern ganz gut entwickelt hat. Auf dem Wunschzettel für 1956 notiert er: Bessere Drehbücher, begabteren und bescheideneren Nachwuchs. Im Vergleich zu ausländischen Filmen wird die Handlung und Gestik in deutschen Produktionen als unnatürlich empfunden!" N5601

1960 wurde das Kino nach vierwöchigen Renovierungs- und Umgestaltungsarbeiten mit dem Film "Die Schlacht von Marathon" wiedereröffnet. Die Außenfront sowie die Eingangshalle wurden mit Marmor-Travertin verkleidet und ein neuartiger Programmanzeiger, der mit Magnetbuchstaben arbeitete, angebracht. Der als leuchtendes Band wirkende Programmanzeiger  erstreckte sich über die ganze Breite der Vorderfront. Das Foyer wurde von einer blau-goldenen Kuppel  überstrahlt. E6068

Das traditionsreiche Haus stellte 2008 den regulären Spielbetrieb ein. Sonderveranstaltungen sollten bis zum Finden eines neuen Pächters stattfinden.

Ab 2009 ging es dann doch wieder mit regulärem Programm und neuer Betreibergesellschaft weiter, bis 2023 erneut der Spielbetrieb eingestellt wurde. Die Stadt Mainz will die Immobilie erwerben und danach ein kommunales Kino etablieren. Einen Artikel dazu lesen Sie hier.

Quelle u.a: Mainzer Warte 1/1934

   
Bilder von 2006

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