Das 1958 nach fünf Monaten
Bauzeit eröffnete "City" wurde als Haus für anspruchsvolle Filmkunst
konzipiertm Umfang verdient. Architekten war Otto Bennmann, mit dem
Besitzerin Christa Baron einen guten Griff getan hat. Uber eine
geschwungene Treppe mit einer großen Blumenecke und geschmackvollen
Wandleuchten gelangte der Besucher in das Foyer im ersten Stock, das
auf der einen Seite von einer großen Fensterwand und auf der anderen
Seite von einer Spiegelwand „eingefasst“ wurde. Ein schönes
Schmuckelement innerhalb des Foyers waren die großen „Kinoleuchten“.
Sesselgruppen luden zum Verweilen ein. Bei der Gestaltung des
Zuschauerraumes war Architekt Bennmann etwas Besonderes und in der
Sparte der kleineren Kasseler Lichtspieltheater bisher wohl Einmaliges
gelungen: Der Besucher glaubte kaum, daß dieses Studio nur 191
Sitzplätze hatte, so großzügig waren die räumlichen Dimensionen. Der
Zuschauerraum zeichnete sich durch eine harmonische Farbabstimmung aus:
Das helle Creme der Hochpolster-Sitze ergab ein schönes Bild mit dem
zarten Rosa der Wände. Dazu trug auch der mehrfarbige, in breiten
Streifen fließende Vorhang und die graue Decke bei. In weitem Reihenabstand waren die hochgepolsterten Schaumgummisessel,
mit lederartigem Kunststoff bezogen, aufgestellt. Auch die Wände
erhielten eine Schaumgummi-Polsterung, deren Steppnähnte von schwarzen
Kordeln bedeckten wurden. Die Wände waren in der oberen Hälfte mit
indirekt angestrahltem Acella bespannt. Ein besonderer Anziehungspunkt
waren auch die sehr schönen Wandleuchten in Palettenform. Auch fehlte
nicht eine vollautomatische Klimaanlage, die in jeder Vorstellung einen
sechsmaligen Luftwechsel vornahm. Die Klimaanlage konnte außerdem noch
durch Thermostat auf jede gewünschte Temperatur eingestellt werden. Zu
den technischen Einrichtungen gehörten weiter zwei Philipps-
Fp-56-Maschinen mit eingebautem Dia-Gerät. Die Maschinen, die mit
Isko-Objektiven (Göttingen) ausgestattet waren, ermöglichen die
Vorführung aller Filmverfahren. Das Bild wurde auf eine leicht
gekrümmte Lippspringer Silberleinwand von neun Meter Breite und vier
Meter Höhe projiziert, die für alle Projektionsformate geeignet war.
Die Silberleinwand ermöglichte durch ihre besonders gute Lichtreflexion
auch die Wiedergabe von Fernsehübertragungen. Die technische
Vollkommenheit des Theaters fand mit dem automatisch arbeitenden
Billettgeber ihren Höhepunkt: Eine erstmals in Kassel eingeführte
technische Neuerung an der Kasse im Erdgeschoß. Die Kassiererin
brauchte die Karten nicht mehr abzureißen, sondern bediente lediglich
die entsprechenden Druckknöpfe, um die gewünschten Karten auszugeben.
Alles andere besorgte der Automat, aus dem der Besucher nach dem
Bezahlen die leicht eingeklemmten Karten nur noch hervorzuziehen
braucht. Pächter Werner Manns war schon seit Jahrzehnten in der Branche
zu Hause. W5844 N5887 E5920
Spätestens mit der Übernahme durch die Brummer &
Schweikert-Betriebe dürfte es mit der gehobenen Filmkost zu Ende
gewesen sein. Nackte Haut war jetzt wohl das bestimmende Element auf
der Leinwand. 1980 wurde das Haus in einen 3-Saal-Kinocenter umgebaut
bzw. erweitert. Die letzte Erwähnung im Kinoadressbuch war 1994,
deshalb gebe ich dieses Jahr auch als Schließungsdatum an. In den
Räumlichkeiten etablierte sich ein Sexshop, der sich zumindest bis 2023
hielt. Gut möglich, das auch nach 1994 noch Filme in kinoähnlichen
Räumen gezeigt wurden. Vielleicht wissen Einheimische mehr?
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