NEUE  KANT - KINOS

Berlin - Charlottenburg , Kantstr. 54

eröffnet: 16.11.1912
geschlossen: in Betrieb
Sitzplätze: 800 (1918) - 659 (1940) - 617 (1958)
Architekt: Wilhelm Kratz (Umbau 1929 und 1934) - Hans Bielenberg (Umbau 1956)
Betreiber: Oscar Jos. Loris                                                           1912

Michael Stern & Josef Frank                                        1913 FB191314

Georg Margotte                                                           1916

Rheinische Lichtspiel AG                                              1918

Marmorhaus Theater GmbH Siegbert Goldschmidt        mind.1920-mind. 1924

Martin Schaps , Arnold Isenheim & Hermann Brandt     1930

Brandt & Deutsch                                                          mind.1935-mind. 1967

Reinard Konzack                                                           1980

Studio FT-GmbH , Bremen & München                         mind.1991-1995

Kinowelt Medien AG                                                     1995-2001

Gerhard Groß & Burkhard Voiges                                  seit 2002

Die "Lichtbildbühne" schrieb zur Eröffnung 1912:

...Das 900 Personen fassende Theater war gut gefüllt. Unter der Direktionsleitung von Oscar Jos. Loris klappte alles vorzüglich. Kapellmeister Alfred Günther präsentierte seine wackere Musikerschar, und so war alle Anwartschaft vorhanden, daß das Publikum dem gewohnten Zauber der Kinokunst unterlag.

Das Programm wies folgende Piècen auf: Ouverture / Prolog, gesprochen von Max Mack, Regisseur der Vitascope Berlin / Gaumont-Woche, kinematographische Berichterstattung / Fritzchen und der dankbare Karpfen, Humoreske / O selig, ein Kind noch zu sein, Drama / Leben und Treiben in Indien, Landschaftliche Studie / Pause / außergewöhnliche Einlage: Direktor Oscar Jos. Loris, kön. röm. Hofkünstler, im Klaviervortrag und als Konzert-Kunstpfeifer / Tristo Ritorno, Tonbild, gesungen von Enrico Caruso / Treff-Bube, Drama in drei Akten / Das Liebespaar im Hydro-Aeroplan, komische Szene, gespielt von Max Linder / Schlußmarsch.

Die baupolizeilichen Vorschriften für den Bau des Theaters in Rücksicht auf die Sicherheit des Publikums waren äußerst schwere, zumal gesonderte Ein- uns Ausgänge für die Besucher gebaut werden mußten. Nicht in allen Punkten ist eine schickliche Lösung gefunden worden, um dem Publikum gleichzeitig Bequemlichkeit und Sicherheit bieten zu können. Unter anderem macht sich auf dem Rang, der sehr geräumig ist, eine zu starke Steigung des Bodens bemerkbar. Die Plätze des linken Seitenranges sind als verfehlt zu betrachten. Die Deckenbeleuchtung mit ihren offenen Lichtern, teuer und protzig, stört den Balkonbesucher. Die Logenwände sind zu dünn, haben eine zu schmale Oberkante, falschen Anstrich und sind hinten zu niedrig, aber praktische Pendeltüren sind lobenswert.

Der Ernemann-Apparat arbeitet wie immer gut; die Synchron-Einrichtung - ebenfalls von Ernemann - trat noch nicht in Funktion, da das Tonbild nicht zur Vorführung gelangt war. Die Bühnenfläche müßte mehr Tiefe erhalten. Ein Vorhang fehlt ebenfalls. Beim Treppenaufgang wirkt eine kreisrunde Deckenwölbung mit indirektem Licht ungemein reizvoll und prächtig. Die Bestuhlung, 50 cm hoch, ist prakzisch und durabel. Das Theater hat eine gute Akustik. Der graue Mörtelbewurf an den Wänden dürfte auf dem Rang nicht bis zum Fußboden reichen; es fehlt unten eine glatte Wandverkleidung.

Alles in allem ist viel Schönes, aber auch viel Falsches geschaffen worden. Da aber nach Schluß der Spezial - Eröffnungs - Vorstellung das zahlende Publikum in dichten Scharen gedrängt kam, ist alle Aussicht vorhanden, daß die "Kant-Lichtspiele" ein gutes Geschäft werden, und das ist und bleibt das Angenehmste, was ein Theaterpraktiker konstatieren kann.

Quelle: Lichtbildbühne 47/1912

Die "Kant-Lichtspiele" wurden laut Bericht in "Filmecho/Filmwoche" 1905 von der Firma Brandt & Deutsch als Kino- und Konzertsaal eröffnet. Die Feierlichkeiten 2005 im Zeichen von 100 Jahren Kant-Kino waren historisch gesehen falsch. Auch werden Brandt&Deutsch erst in den 30er-Jahren als Besitzer aufgeführt.

Der Zugang zu dem im Seitenflügel des Gebäudes gelegenen Raums lief ursprünglich über den Hof. 1929 erwarb man Teile des Vorderhauses, um dort ein Foyer zu integrieren.

Der grosse Saal erhielt 1956 durch Architekt Hans Bielenberg seine heutige Gestalt. Damals wurde der schon zur Eröffnung kritisierte seitliche Rangbalkon abgerissen und eine CinemaScope-Bildwand eingezogen.

Auch in den 70er-Jahren wurde das "Kant" des öfteren für Konzerte genutzt. So setzten "Joy Division" mit ihrem Song "Komakino" dem Haus ein musikalisches Denkmal.1988 entsteht in der ehemaligen Garderobe unterhalb des Saals ein weiterer Saal, dem danach drei weitere Kleinkinos im Vorderhaus folgen .

Nach einer vorübergehenden Schliessung 2001 eröffneten die Betreiber des "Kinos in den Hackeschen Höfen" das Lichtspieltheater mit Unterstützung von Wim Wenders und Produzent Christoph Ott unter den Namen "Neue Kant-Kinos" wieder.

Das Kant programmiert heute (Stand:2006) Arthaus-Filme und hat nach dem Kahlschlag in der Charlottenburger Kinoszene ein weites Zuschauerumfeld.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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